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In Your Face Friday - Drohnenkrieg

karlstiefel 17.05.2013 13353 33
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Es ist schon erstaunlich, was man für 300 Euro so kriegt. 600 Packungen Fertignudeln, etwas mehr als 63 Gramm Wärmeleitpaste oder eine fliegende Drohne mit HD-Kamera an Bord. Letzteres wird als “das nächste große Ding” angepriesen - wie sieht die Zukunft der zivilen und unbemannten Luftfahrt also aus?

Wie bringt man eine Militärdrohne zum Absturz, ohne eine einzige Kugel oder Rakete abzufeuern? Der Iran hat dieses Kunststück vor einigen Jahren fertiggebracht - das unbemannte Flugobjekt wurde von zwei Kampfjets abgefangen, die mit einem GPS-Scammer ausgestattet waren. Ohne Orientierungssinn schaltete das ferngesteuerte Flugzeug in den Suchmodus, eine vorgegebene Flugbahn zur Wiedererlangung des Satellitensignals wurde eingechlagen. So flog die Drohne im Kreis, bis ihr der Sprit ausging und sie abstürzte. Drohne kaputt, Amis sauer, Iraner mit Trollface. Nach diesem Vorbild könnte es - rein theoretisch - auch bald bei uns zugehen. Zwar werden wir keine unbemannten Flugzeuge in unseren Garagen oder Hinterhöfen stehen haben, wesentlich kompaktere Quadcopter sind jedoch bereits zu erschwinglichen Preisen erhältlich. In Kombination mit diversen anderen zumeist frei erhältlichen Technologien lassen sich interessante Anwendungen für die Fluggeräte erschießen. Um selbst in die unbemannte Luftfahrt einzusteigen muss man nicht mehrere Millionen Euro ausgeben - für einen niedrigen vierstelligen Betrag ist man schon dabei.

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So sehen die unbemannten Flugzeuge des US-Militärs aus.


Begeben wir uns also auf eine Einkaufstour und stellen wir uns unsere eigene Spionagedrohne zusammen. Das Kernstück unseres Flugapperates - der Quadcopter selbst - ist bereits um 300 Euro in einer günstigen Version erhältlich. Für das Geld erhält man bereits eine eingebaute HD-Kamera und die Möglichkeit, die Drohne über das Smartphone oder Tablet zu kontrollieren. Wer lieber eine Auflösung von 4096 x 2160 bei den geschossenen Bildern haben möchte, kann eine GoPro anbringen. Das bringt die aktuelle Drohnengeneration an das Limit der Tragfähigkeit - möglich ist es trotzdem. Über den dafür notwendigen Speicherplatz braucht man sich keine Sorgen machen - die Aufnahmen werden nämlich bestenfalls nur 25 Minuten lang. Für den Dauereinsatz sind nämlich die Akkus der Fluggeräte noch nicht ausgelegt.
Auch die 50 Meter Reichweite sind nicht überragend. Abhilfe verschaffen da programmierbare Flugbahnen. Mit einem GPS-Tracker im Schlüsselanhänger-Format lassen sich einfach die Koordinaten von bisher unerreichbaren Punkten präzise bestimmen und auswerten. Ein Raspberry Pi an Bord könnte in Kombination mit so einem Tracker sogar zum autonomen Flugverhalten programmieren - das braucht natürlich das passende Know-How für solche Installationen. Um Kameras auszuschalten könnte der kriminell energetische Pilot einen extrem starken Laserpointer anbringen - stabil genug ist das Flugverhalten der Drohne schließlich. Bisheriger Kostenpunkt: 1.130 Euro. Selbst mit Montage der Komponenten und zusätzlichen Akkus bleiben wir unter 1.500 Euro.

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Pew! Pew! Laz0rs! Na gut, so einfach lassen sich die Dinger auch wieder nicht aufrüsten.


Dieses Spiel könnte ewig weitergeführt werden. Irgendwann kommt man bei dem Szenario “fliegende Bombe” an. Das ist durchaus realistisch, die Anwendung ist allerdings zu aufwändig und kostspielig. Im Endeffekt wäre die Drohne genau so gefährlich wie ein RC-Auto, mit dem man die selben Aufgaben auf Bodenhöhe ausführen kann. Theoretisch anwendbar, praktisch von geringem Nutzen … außer bei Call of Duty halt. Lasst uns den unbemannten Bürgerkrieg aber trotzdem von der anderen Seite auffahren. Angenommen, wir wollen nach irakischem Vorbild einen Flugkörper vom Himmel holen oder sogar stehlen. Am einfachsten ist es, die Verbindung zwischen Piloten und Drohne zu kappen. Unsere aufgerüstete Parot AR wird recht simpel über Wi-Fi gesteuert. Sendet man auf der gleichen Wlan-Frequenz wie die kommunizierenden Geräte ein stärkeres Signal, bricht der Kontakt zwischen diesen ab. Der Laser, den unser motorisierter Gegenspieler auf seinem Gerät hat lässt sich auch gegen ihn verwenden. Sobald die Drohne eine stabile Position eingenommen hat, können wir deren Kamera mit dem Lichtstrahl stören. Ob das präzise genug möglich ist, bleibt fraglich. Ein schönes Gedankenexperiment ist es auf jeden Fall.

Müssen wir uns also Sorgen machen, dass in ein paar Jahren fliegende Augen den Luftraum unsicher machen? Nicht wirklich. Ihr könnt also aufhören, eure Fenster zu barrikadieren. Wie so oft lässt sich auch diese Technologie als Waffe oder zumindest als strategisch relevantes Element anwenden. Und tatsächlich gibt es Szenarien, in denen Drohnen auch für solche Zwecke angewandt werden. Nun sind die Dinger im zivilen Sektor zusammen mit zahlreichen anderen Gadgets erhältlich. So dürfen wir uns nicht wundern, wenn bei Demonstrationen im Jahr 2015 Drohnen mit Kameras über den Menschengruppen fliegen. Ob die Überwachung nun von der Polizei oder von den Protestierenden kommt, bleibt abzuwarten.
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