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In Your Face Friday - Historisch korrekt

karlstiefel 14.12.2012 11128 13
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Wer die Geschichte nicht kennt, ist verdammt sie zu wiederholen. Wer sie kennt, wird sich schnell langweilen weil sie trotzdem wiederholt wird. Viele Geschichten beruhen auf wesentlich älteren Vorlagen - was nicht bedeutet, dass sie diese auch genau so wiedergeben. Wie baut man also basieren auf historischen Ereignissen und uralten Vorlagen eine neue Geschichte?

Seit Neuestem stehen wir von Overclockers.at in Zusammenarbeit mit Ubisoft. Warum, werdet ihr noch früh genug erfahren. Jetzt hat der Publisher uns Assassin’s Creed 3 zukommen lassen, welches im Amerika des Unabhängigkeitskrieges spielt. Darin kommen zahlreiche historische Figuren wie George Washington oder Benjamin Franklin vor. Wie stellt man solche Persönlichkeiten dar? Wann war welcher General wo? Wie sahen Boston und New York zu dieser Zeit aus? Fragen, welche die Historiker von Ubisoft Montreal dem Team hinter dem Spiel beantworten konnten. Richtig gelesen - das Entwicklerstudio hat eigene Historiker eingestellt. Diese haben - so viel kann ich euch spoilerfrei sagen - gute Arbeit geleistet. Wie deren Ratschläge umgesetzt wurden ist jedoch immer im Kontext des Gameplays zu sehen. Eine Muskete von damals brauchte mehr als eine Minute zum Nachladen. Wollen wir als Spieler wirklich so lange dem Assassinen zusehen, wie er seine Waffe nachlädt? Wohl kaum - darum braucht es im Spiel nur gute zehn Sekunden. Das genügt, um Feuerwaffen schlagkräftig zu machen, im schnellen Nahkampf jedoch unpraktisch zu machen.
Wenn es um das Erzählen einer Geschichte geht, sind Fakten manchmal eben besser nur Anhaltspunkte. Es handelt sich um eine Interpretation der Materie, nicht um deren detailgetreue Wiedergabe.
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Assassin's Creed 3 ist absolut historisch korre ... ist das George Washington als König?

So haben es viele geschichtliche Vorlagen - real oder nicht - in das Videospiel-Genre geschafft. God of War borgt aus der griechischen Mythologie, Dante’s Inferno von der göttlichen Komödie. In Crusader Kings II kann man die Profile der Fürsten Könige und Päpste auf Wikipedia nachlesen. Während Total War und Civilisation noch einen gewissen Authentizitäts-Anspruch haben, versucht Valkyria Chronicles den Zweiten Weltkrieg durch Abstraktion aufzugreifen. Wir greifen immer wieder bereits vorhandenes Material auf - wäre es nicht viel interessanter, ständig neue Geschichten zu erzählen und dabei neue Themen aufzugreifen? Die überraschende Antwort: Das geht nicht. Oder anders gesagt, es macht keinen Unterschied. Die grundsätzlichen Themen der Menschheit wie Liebe, Eifersucht, Freundschaft, Gerechtigkeit oder Rache wurden bereits in antiken griechischen Komödien und Tragödien behandelt - 2.500 Jahre vor unserer Zeit. Jetzt höre ich mich natürlich an wie das fälschlicherweise Charles Holland Duell zugeschriebene Zitat “Alles, was erfunden werden kann, ist bereits erfunden.” Abhängig von der Perspektive stimmt das sogar. Mit der Beschreibung “Ding mit Symbolen darauf, dem man durchs Ansehen Informationen entlockt” kann eine Steintafel oder ein iPad gemeint sein. Genau so ist das mit den erwähnten Motiven - sie werden immer wieder verwendet und aufbearbeitet weil sie heute noch genau so gut funktionieren wie vor mehreren Tausend Jahren.

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Der Gilgamesch-Epos: 3.800 Jahre alt und noch immer ein Dauerbrenner unter Babyloniern.

So dominieren die gleichen Motive unabhängig von Medium und/oder Genre das Storytelling. Wie weitgreifend das ist, fällt durch eine einfache Herausforderung auf: Nennt (Hard Mode: Aus dem Stegreif) drei Filme ohne Liebesgeschichte/Beziehung.
Es ist irrelevant, ob die Vorlage real oder fiktiv genauso wie historisch oder utopisch ist. Es sind stets dieselben uns bekannten und somit lieb gewonnenen Themen, welche wieder und wieder neu interpretiert und einer neuen Generation von Lesern, Spielern, Zuschauern und Zuhörern nähergebracht wird. Um Charles Duell tatsächlich zu zitieren: “Meiner Meinung nach wird jeglicher Fortschritt aller Arten von Erfindungen komplett unbedeutend wirken verglichen mit dem des aktuellen Jahrhunderts. Ich wünsche mir fast, mein Leben noch mal leben zu können nur um diese zukünftigen Wunder zu sehen.”
Auch 110 Jahre nach dieser Aussage kann ich mich meinem Namensvetter nur anschließen. Denn mit diesen paar Themen, um die es sich seit Jahrtausenden dreht sind wir noch lange nicht fertig.
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