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In Your Face Friday - The Day the Music died

karlstiefel 04.04.2014 14613 17
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Vor 20 Jahren nahm sich Kurt Cobain das Leben. Nehmen wir den Todestag dieser Ikone der 90er zum Anlass, auf ein Jahrzehnt des Wandels zurück zu blicken. Zehn Jahre voller Fortschritt, Veränderung und Peinlichkeiten. Vielleicht können wir von der Einstellung der Generation X ja auch etwas lernen, was in unserer digitalen Welt noch Relevanz hat.

Zitat
A long long time ago
I can still remember how
That music used to make me smile
And I knew if I had my chance
That I could make those people dance
And maybe they'd be happy for a while
But February made me shiver
With every paper I'd deliver
Bad news on the doorstep
I couldn't take one more step
I can't remember if I cried
When I read about his widowed bride
But something touched me deep inside
The day the music died
Don McLean sang in Miss American Pie ja eigentlich über den Tod von Buddy Holly beim Absturz im titelgebenden Flugzeug. In diesem IYFF geht es aber um einen Rockstar, der 25 Jahre später, nämlich am 5. April 1994 verstarb. Kaum ein anderer Musiker beeinflusste mich persönlich so sehr wie Kurt Cobain, Sänger und Gitarrist der Grunge-Band Nirvana. Dieser Band habe ich meine Begeisterung für Punkrock, mein Können an der E-Gitarre und nicht zuletzt meine Vorliebe für die 90er zu verdanken. Zugegeben - 1994 war ich noch in der Volksschule und ich hatte keine Ahnung, wer Kurt Cobain überhaupt war. Darauf kam es für mich aber nie wirklich an. Alleine das gefühlte Privileg, dieses Jahrzehnt erlebt zu haben, bedeutet mir bereits viel.
Seither hat sich viel getan. Das Internet hat Kommunikation flächenwirkend neu definiert, der Zeitgeist hat sich drastisch geändert und wir haben uns alle persönlich weiterentwickelt. Ich selbst bin vor kuzrem 28 geworden, womit ich mein einstiges Idol bereits im doppelten Sinne überlebt habe. Damals wurde die Nachricht über sein Ableben auf MTV verkündet, heute wäre es eher Twitter. Statt Kurt Loder gäbe es #RIPKurt.
Eigentlich war er ja selbst schuld. Cobain hatte bereits länger ein Drogenproblem, spritzte sich im Jahr davor bereits eine Überdosis, die er nur knapp überlebte. Seine Tour im Frühjahr 94 brach er ab und machte sich auf den Heimweg nach Seattle. Dort nahm er eine Überdosis Heroin und schoss sich in den Kopf. Während ich früher nur den brillanten Musiker sehen wollte, wurde mir im Laufe der Jahre bewusst, wie kaputt der Typ eigentlich war. Ein Junkie, der Geschichten erfand, um cool zu wirken. In seinem Wahn trat er dann wie Jimmy Hendrix und Jim Morrison dem Klub 27 bei. Einen Künstler nicht nur auf sein Werk zu reduzieren, sondern auch die Person dahinter zu erkennen und diese möglicherweise sogar nicht zu mögen, hat mich eine der wichtigsten Lektionen überhaupt gelehrt. Erwachsen werden bedeutet zu sehen, wie Helden zu Menschen werden. Fehler sind ein essentieller Teil dieser Menschlichkeit.

Selbst nach Jahren noch einer meiner Lieblings-Songs: Come as you are von Nirvana.

Hier sind wir bei einem Motiv angelangt, welches ich bei Nirvana wiederum finde. Die Akzeptanz von Fehlern ist ein Thema, welches sich weit über die Akkorde von Come as you are hinaus durchzieht. Die Ironie an der Geschichte ist, dass wir das, was wir vor 20 Jahren richtig cool fanden, heute eher als peinlich ansehen. Vor unseren Augen wurde ein ganzes Jahrzehnt, ein ganzer Lebensstil und das damit verbundene Lebensgefühl bildlich gesprochen von einem Helden zu einem Menschen.
Nun ist fraglich, ob wir aus diesem Wechsel der Betrachtungsweise etwas auf unsere aktuelle Situation ummünzen können. Mit ziemlicher Sicherheit werden wir im Jahr 2034 über Smartphones und YouTube schmunzeln. Ob sich das im gleichen Ausmaß wie gerade mit den 90ern machen lässt, ist zweifelhaft. Ein Qualitätsliferant für Fremdschäm-Material ist die Popmusik - mit Justin Bieber haben wir ja bereits unser Gegenstück zu Vanilla Ice, mit Gangem Style unser Maccarena. Wirkliche Ikonen wie der ach so menschlich gewordene Michael Jackson suchen wir heute aber vergebens. Ein Indiz dafür, dass wir tatsächlich den Umbruch von der Moderne hin zur Postmoderne miterleben oder sogar bereits erlebt haben (Ansichtssache). Statt großen Institutionen steht nun die Vernetzung im Mittelpunkt. Ein wunderschönes Beispiel ist hier die Band Arctic Monkeys, die bevor sie bei einem Label waren oder überhaupt ein Album produziert hatten bereits Konzerthallen füllen konnten - Myspace sei Dank.
Ein Phänomen, das nicht nur bei der Musik greift. Amazon, eBanking, Streaming-Services für Film und Musik, Crypto-Währungen. Mehr und mehr dezentralisieren sich Produkte und Dienstleistungen - mit drastischen Folgen. Videotheken werden ein Ding der Vergangenheit, CDs verkaufen sich schlechter und was einst ein Monopol war, steht nun einer noch nie dagewesenen Konkurrenz gegenüber. Stabil ist die Situation aber für keine der Fraktionen. Wir haben - zumindest in manchen Bereichen - Sicherheit gegen Freiheit ausgetauscht.
Ob sich bei ansteigender Zerstreuung noch große Trends durchsetzen werden, über die wir in Zukunft unsere Köpfe schütteln können, bleibt abzuwarten. Vielleicht kommt durch die Vernetzung eine dermaßen große Menge an Trends wie dem Harlem Shake oder Planking zustande, die uns in mehreren Jahren mit einem Retro-Gefühl erfüllen. Eben diese Menge könnte aber auch den gegenteiligen Effekt haben: Eine Flut an kurzlebigen Trends, die wir bis zum nächsten Jahr bereits vergessen haben. Wie es auch kommt, wir können nur abwarten und uns an unsere "Spaß-Sünden" von damals erinnern. Take your time, hurry up - the choice is yours, don't be late.

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Mit einem gewissen Abstand von den 90ern können wir endlich eine Frage endlich ein für alle mal klären:
Backstreet Boys oder N*Sync?
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