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Wi-Fi - Ansichten und Aussichten

JC 13.09.2003 24006 17
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Mittels Wi-Fi wird ein robustes Funksystem verwirklicht, das Arbeit und Freizeit zunehmend miteinander verbinden wird. E-Mails können bequem im Café empfangen werden, Videofilme aus dem Internet kann man in den Sommertagen bequem in den Park streamen und in absehbarer Zukunft werden wohl auch die Haushaltsgeräte von unterwegs programmiert werden können.
Als eine der am schnellsten wachsenden Technologien aller Zeiten fördert sie auch die Entwicklung des Internet und bietet uns eine komfortable drahtlose Welt. Doch wie sieht es trotz der äußerst optimistischen Sicht der Industrie nun in der Wirklichkeit aus?

Worum es geht



Allgemeines
Die Umsätze mit Wireless-Produkten sind im letzten Jahr stark gestiegen, und für Europa wird im Jahr 2007 sogar ein Gesamtumsatz von über eine Milliarde US-Dollar prognostiziert. Der Trend ist damit ziemlich eindeutig: Kabel sind out - Wireless ist in.

Ein direkter Konkurrent - UMTS - wird sich wohl nicht durchsetzen können. Zum Einen können mittels Wi-Fi mittlerweile schon bis zu 54 Megabit übertragen werden, die die maximal zwei Megabit bei UMTS wirklich wenig aussehen lassen. Leider sind die genannten 2 Megabit nur in Hochleistungsfunkzellen möglich, und das auch nur, wenn man der einzige User in dieser Zelle ist. Und zum Anderen ist Wi-Fi abgesehen von der höheren Übertragungsrate noch um einiges billiger und für das Funkspektrum werden keine Lizenzgebühren fällig.

Somit lässt sich der Schluss treffen, daß Wi-Fi aufgrund der höheren Bequemlichkeit, der weitaus größeren Flexibilität und der nicht unbeträchtlichen Kostenersparnis ziemlich sicher das Rennen machen wird.

Ein weiterer Vorteil ist die große Flexibilität, die man gewinnt. Man ist endlich die lästigen Kabel los und das Aufrüsten auf einen schnelleren Übertragungsstandard ist ebenfalls kein großes Problem. Bis zum Jahr 2005 rechnet die Wi-Fi Alliance mit einer Anhebung der Datenübertragungsrate auf über 100 Megabit. Spätestens dann wird man die Euphorie, ausgelöst durch die scheinbar wiedergewonnene Freiheit, deutlich zu spüren bekommen.

Doch nicht so einfach?
Doch wie steht es zur Zeit mit Wireless? Die ersten Probleme kommen ja bereits beim Kauf zu Tage: Welchen Standard soll man sich zulegen? IEEE 802.11 a, h, b oder doch g? Hat man diese Schwierigkeit erst mal gelöst, wartet allerdings schon die nächste.
Der 2,4-GHz-Bereich des Funkspektrums wird auch von anderen Technologien wie Bluetooth oder beispielsweise von Schnurlos-Telefonen genutzt; auch drahtlose Lautsprecher übermitteln hier ihre Daten. Noch enger wird’s, wenn man das schmale Frequenzband genauer betrachtet: Es stehen nur drei Kanäle für den konkurrierenden Betrieb zur Verfügung. Somit wird das Ausweichen bei Störungen oder aber die Versorgung großer Benutzerzahlen schwierig.

Auch das 5-GHz-Band bietet nicht zwingend eine komfortable Lösung. Durch die geringere Reichweite (etwa die Hälte der 2,4-GHz-WLANs) würden sehr viel mehr Access Points notwendig werden. Die zahlreichen Störungen kann man durch technische Maßnahmen durchaus in den Griff bekommen, allerdings wird das unweigerlich die Kosten der Komponenten erhöhen. Dafür hätte man im 5 GHz Bereich mehr Kanäle zur Verfügung, was sich in größeren Netzen durchaus als Vorteil erweisen könnte.
Da in diesem Frequenzbereich allerdings auch zahlreiche militärische und flugtechnische Kommunikationen abgewickelt werden, müssen bestimmte Technologien zum Einsatz kommen. Technologien wie beispielsweise DFS (Dynamic Frequency Selection) oder TPC (Transmit Power Control). Erstere wechselt automatisch die Frequenz bei Kollisionen, zweitere regelt die Sendeleistung flexibel auf das benötigte Minimum.

Kompatibilität gewährleistet



Kompatibel oder nicht?
Die Frage nach der Kompatibilität hat natürlich ihre Berechtigung: 802.11g und –b-Geräte benutzend das selbe Frequenzband und sind bis auf die unterschiedliche, maximale Übertragungsleistung vollkommen identisch. Dies verspricht zumindest der verabschiedete Standard.

In der Realität sieht die Sache jedoch anders aus. Rückwärts kompatibel bleibt man meist nur, wenn beide Komponenten (b und g) auf Chipsätzen desselben Herstellers basieren. Nur mit Hilfe eines Zertifikats der Wi-Fi Alliance wird bescheinigt, dass die einzelnen g-Produkte nicht nur untereinander, sondern auch zu anderem b-Produkten kompatibel sind. Bei anderem Equipment bleibt die Interoperabilität vorerst wohl ein Glücksspiel.
Hat man dann schließlich doch ein kompatibles System aufgebaut, so wird man bald bemerken, dass dies auf Kosten der Performance geht: Sobald man sich mit einer b-Komponente in ein g-Netz einklinkt, sinkt der Durchsatz im gesamten WLAN von 54 auf 11 Mbit/s.

Während das 5 GHz Band somit allgemein zukunftssicherer erscheint, bedeutet das allerdings keineswegs das Aus für 802.11b. Dieser Standard ist bereits ziemlich ausgereift und findet nicht zuletzt durch die niedrigen Preise, die aus den hohen Stückzahlen resultieren, zunehmend mehr Verbreitung.

Wer also nicht unbedingt von heute auf morgen einen WLAN-Anschluss braucht, der möge noch ein wenig warten. Zu Beginn des Jahres 2004 sollen alle Standardisierungen abgeschlossen sein, woraufhin man sich bei der Wahl sicher leichter tut. Und selbst dann wird man immer noch vieles abzuwägen haben ...

Was ist inzwischen?
Während bei den Basisstationen eine Reichweite von wenigen Metern bis zu mehreren Kilometern (erfordert spezielle Richtantennen) angegeben wird, wird oft übersehen, dass in der Stadt die Reichweite oft beträchtlich sinkt. Bäume und Mauern schwächen die Funkstrahlen, Betonmauern können sie sogar ganz abblocken. Bis es also ein flächendeckendes Netz von Access Points gibt, werden wohl noch einige Jahre durchs Land ziehen.

Dann wird man sich allerdings mit einem anderen Problem auseinandersetzen müssen: dem Roaming. Das Roaming zwischen unterschiedlichen Arten von drahtlosen Netzwerken soll schließlich benutzerfreundlich und kein Kampf mit den Einstellungen sein. Die Probleme diesbezüglich sind zur Zeit noch zahlreich, doch in den nächsten Jahren werden sich mit Sicherheit geeignete Lösungen finden lassen.

Momentan werden rund um den Globus viele öffentliche Zugangsknoten eingerichtet, zumeist jedoch in Flughafen-Lounges, Hotels und Cafés. Und auch auf Transatlantikflügen wird von einigen Fluglinien bereits eine WLAN-Anbindung angeboten. Wer sich auf die Suche nach einem der Hotspots machen möchte, der ist mit der Seite WiFinder gut beraten; hier finden sich weltweit viele tausend Access Points.

Ein weiteres Problem stellt die Verschlüsselung dar: Ohne Verschlüsselung öffnet man jedem Tür und Tor. Leider finden sich viele Anwender in dem Labyrinth aus Passwörtern, Sicherheitsabfragen und Login-IDs nur schwer zurecht, woraufhin sie den Schutz deaktivieren. In diesem Fall ist selbst ausgereifte Sicherheitstechnik machtlos.

Sicherheit



WLAN-Security
Die Sicherheit ist im Wireless-Bereich in der Tat ein leidiges Thema. WEP (Wired Equivalent Privacy) erwies sich als unzureichend – sofern es überhaupt aktiviert war, woraufhin man einige Maßnahmen ergreifen musste. Bis das IEEE-Projekt 802.11i abgeschlossen ist, springt einstweilen WPA (Wi-Fi Protected Access) in die Bresche.

WPA nutzt dafür einige Bestandteile von 802.11i, wie etwa einen erweiterten Initialization-Vector, Re-Keying oder Message-Integrity-Checks. In größeren Netzwerken ist die Authentifizierung mittels EAP (Extensible Authentication Protocol) vorgesehen, die Nutzerverwaltung erfolgt mit einem RADIUS-Server. Im SOHO-Bereich reicht TKIP (Temporal Key Integrity Protocol) als Sicherung aus.

Mittels TKIP werden die gravierendsten Schwächen von WEP (der konstante Schlüssel und die fehlerhafte Integritätssicherung) umgangen. Aus Kompatibilitätsgründen wird allerdings auch weiterhin das selbe Verschlüsselungsverfahren (RC4) genutzt, wenn auch "Michael" (Teil von TKIP, Nachrichtenintegritätscheck) die Verschlüsselungshardware mehr fordert. Leider ermöglicht "Michael" auch eine DoS-Attacke: Wird innerhalb einer Sekunde mehr als ein potenzielles Angriffspaket entdeckt, so wird der WLAN-Adapter für eine Minute schlafen geschickt.

Weiters definiert WPA AES (Advanced Encryption Standard) als zusätzlichen, optionalen Ersatz für die WEP-Verschlüsselung; eine Verschlüsselung ist bei WPA aufgrund der TKIP-Spezifikation erforderlich, bei WEP optional.

Die ständige Verzögerung von 802.11i zeigt deutlich, dass das Thema Sicherheit im WLAN-Bereich unterschätzt und in Bezug auf WEP geradezu vernachlässigt worden ist, immerhin wird hier ein Grundprinzip der Kryptografie verletzt. Nun sollen mit 802.11i alle Probleme mit einem Schlag gelöst werden, wobei die Interoperabilität nicht zu kurz kommen darf. Allerdings wird mit dem i-Standard dann vermutlich auch ein Austausch einiger Komponenten notwendig sein.

802.11i soll für eine Verbesserung der Schlüsseleingangsparameter und der Prüfsummenverfahren sorgen, portbasierte Authentifizierung durch die Einbindung von 802.1X ermöglichen, mehrere unterschiedliche Authentifizierungsverfahren vorstellen und Features wie Roaming oder sicheres Hand-off behandeln.

Vorbei sind also die Zeiten, als man sein Netzwerk physisch vor unbefugtem Zugang schützen konnte. Die Datenpakete lassen sich von jedem mit den richtigen Werkzeugen abfangen und entschlüsseln.
Vor allem in Amerika und in Großbritannien sind es die Netzpiraten, die zur Zeit WLANs suchen und diese für andere Piraten kennzeichnen – um dann auf Kosten anderer durch das Web zu surfen. Während dies vor allem in Amerika aufgrund der günstigen Flatrates kein allzu großes Kosten-Problem darstellt, sieht es da in anderen Ländern vollkommen anders aus.

Bis nicht der 802.11i-Standard endgültig verabschiedet und integriert ist, bleiben die Sicherheitslücken weiter bestehen - auch wenn man durch eine überdachte Konfiguration das Risiko des Eindringens von Fremden beträchtlich verringern kann. Die Ratifizierung von 802.11i wird für das erste Quartal 2004 erwartet; erste Produkte sollten bereits im zweiten Quartal erhältlich sein.

Zukunfsausblick



Wohin geht es?
Es scheint sicher, dass das Leben demnächst schneller ablaufen wird. Das ergibt sich ganz einfach aus der wachsenden Verschmelzung von Freizeit und Arbeit. In einer drahtlosen Gesellschaft, wo jeder immer und überall erreichbar ist, ergibt sich zwangsläufig eine Beschleunigung des täglichen Lebens. Durch die neuesten News klickt man sich auf dem Weg zur Arbeit, die Arbeit nimmt man teilweise mit nach Hause und die E-Mails ruft man im Park oder im Café ab.

Ob wir mittels Wi-Fi nun doch unsere Lebensqualität beträchtlich steigern oder uns aber das Leben nur schwerer und komplizierter machen, wird die Zeit zeigen. Die Auswirkungen auf die Gesellschaft werden momentan heftigst von Zukunftsforschern und Soziologen diskutiert. Zusammenfassend lässt sich folgendes sagen: Das Leben wird generell schneller, die Aufmerksamkeit wird in Gesprächen immer öfter mit dem Computer geteilt werden, Arbeit und Freizeit werden sehr eng miteinander verschmelzen, die Vereinsamung wird weiter steigen und das Bedürfnis nach Ungestörtheit und Abgeschiedenheit wird weiter wachsen.
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