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In Your Face Friday - Spotify ist Kommunismus

karlstiefel 01.11.2013 20811 0
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Marx und Engels sind zwei Namen die beim Thema Kommunismus schnell genannt werden. Google, Apple und Spotify hingegen nicht. Dabei verfolgen die beiden Mediendienste doch genau die Richtung, welche von den kommunistischen Denkern vorausgesagt wurde. Sind bald Produktionsmittel und Datenströme Volkseigentum? Und ist euch schon mal aufgefallen, dass das YouTube-Logo verdächtig rot ist?

Werte Genossen, es geht um die Gratis-Kultur, welche wir ja bereits abgehandelt haben. Heute betrachten wir jedoch einen Aspekt, welcher sich in den Tiefen des kommunistischen Denkens verbirgt. Dabei meine ich nicht 15-Jährige mit Che Guevara T-Shirts und Dreadlocks, sondern Vordenker wie Eduard Bernstein. Dieser war SPD-Politiker in den 1890er Jahren. Er nahm die kommunistischen Lehren und verbannte den Revolutionsgedanken daraus. Im sozialistischen Reformismus (oder Revisionismus) ging es nicht mehr um den Klassenkampf - viel mehr wurde die Entwicklung vom Istzustand, dem Kapitalismus, zum Sollzustand, also dem Kommunismus/Sozialismus/Wasauchimmerismus verfolgt. Die Grundlage für diesen Gedanken lieferte - wie könnte es nicht anders sein - Karl Marx. Der sah im Kapitalismus den steinigen Weg zum Kommunismus. Einfach gesagt: Erst werden Güter produziert, dann verteilt.
Was zum Henker hat das mit mit Google, Apple und Spotify zu tun? Schauen wir uns das Angebot der Firmen mal an. Bei Google Books kann man kostenlos in Büchern stöbern, YouTube liefert Videos zum Nulltarif, Spotify bietet eine umfassende Musikbibliothek für lau und Apple verschenkt jetzt mit jedem Rechner Software, welche vor Kurzem noch etwas gekostet hat. Güter wurden produziert und nun werden sie verteilt. Das ist bei weitem noch kein Kommunismus - schließlich muss man sich noch immer ein teures MacBook kaufen und die Rechte an den auf Spotify und YouTube gespielten Liedern oder Videos gehören noch lange nicht den Zuhörern. Aber hier wird eine Praxis angewandt, welche den sozialistisch geplanten Strukturen entspricht. Zumindest lautet so der Plan, Kommunisten haben es ja so mit der Planwirtschaft.

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Es steht nicht gut um die Genossen: Kommunistische Staaten 1960 und heute.

Jetzt hat der Kommunismus ein Problem: Er funktioniert nicht. Alle Länder, die das "sozialistische Gütesiegel" tragen oder tragen durften, mussten mit massiven Problemen kämpfen. Egal ob DDR oder Nordkorea - Mangelwirtschaft war an der Tagesordnung. Die Idee vom kapitalistischen Kommunismus ist nicht neu, China fährt auf dieser Schiene seit Jahren. Leider spielt da die Mentalität oft nicht mit. Wenn es normal ist, dass (angeblich) Alles jedem gehört und plötzlich kapitalistische Strukturen verfügbar sind, kann das seltsame Ausmaße annehmen. Produktpiraterie mit schlechten Kopien und Gier ohne Rücksicht auf den Menschen sind leider im Paket "kapitalistischer Kommunismus" integriert. Gut, bei uns herrscht auch kein durchgehendes Schlaraffenland. Könnte es das aber werden? Könnte die vermeintliche Annäherung an ein anderes Wirtschaftssystem von unserem Standpunkt aus funktionieren? Packt eure Mao-Bibeln wieder ein, die Antwort ist wohl eher nein. Neue Verteilungsstrukturen haben sich im vergangenen Jahrzehnt in vielen Medien angebahnt. Musik, Spiele, Nachrichten - wir brauchen keine CDs, DVDs und Zeitungen mehr sondern können auf Spotify, Steam und den Onlineauftritt der Redaktion unseres Vertrauens zurückgreifen. Nun hat sich die Verteilungsstruktur geändert, das damit zusammenhängende Bezahlmodell ist jedoch nach wie vor im Umbruch. Adobe bietet Software nur noch als Abo an, veröffentlicht jedoch fast zeitgleich die alten Versionen der Programme kostenfrei. Spotify lebt von der Werbung, Apple vom teuren Verkauf billig hergestellter Hardware. Das "kostenlos" ist stets nur ein Kaufgrund für die Kunden. Indem die Hersteller und Anbieter ein Produkt oder eine Dienstleistung anbieten, welche mit kostenfreien Extras kommen, gestalten sie ein attraktives Angebot. Geld machen sie entweder durch den Hardware-Verkauf, das Abo der Premium-Version des Service oder gar durch Werbung. Oder um es mit den Worten von Robert A. Heinlein zu sagen: There ain’t no such thing as a free lunch.

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