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In Your Face Friday - Gedruckte Waffen

karlstiefel 19.04.2013 11161 16
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Mit 3D-Druckern lässt sich quasi jedes erdenkliche Objekt replizieren. Bauteile, Kunsthandwerk und wenn man möchte, auch Schusswaffen. Die daheim ausgedruckte Pistole sprengt die Grenze zwischen Digitalem und der Realität. Gesetze stoßen an ihre Grenzen - ein wahres Zukunftsproblem.

Ego-Shooter sind wohl eines der am besten laufenden Genres bei den Computerspielen. Jeder der letzten 4 Call of Duty Titel verkaufte sich über 10 Millionen mal auf Xbox 360 und PlayStation 3. Halo ODST war mit 6,14 Millionen Einheiten der am schlechtesten laufende Vertreter der Serie. Battlefield 3 konnte quer über alle Plattformen die 15-Millionen-Grenze sprengen. Ballern ist beliebt. Man kann Magazin nach Magazin leeren, Zeug in die Luft jagen und atemberaubende Action erleben. Aber wie moralisch ist das Ballern eigentlich? Der Idea Channel zeigt in einem YouTube-Video, dass originalgetreue Nachbildungen von Waffen der Rüstungsindustrie Geld bringen. Für Namen und Aussehen müssen Lizenzgebühren gezahlt werden. Kauft man also Call of Duty, geht ein Teil an die Waffenhersteller. Auf der Seite von Medal of Honor wurden sogar kurzfristig die Hersteller verlinkt und beworben - nach Protesten von Zockern verschwanden diese Links aber schnell wieder.

Möchte man diese Form des Realismus nicht, sollte man auf Spiele mit fiktionalen Waffen zurückgreifen. Weder Bioshock, noch Halo haben lizenzierte Waffen im Spiel. Und da ja alles digital und konsequenzfrei ist, kann man auch mit gutem Gewissen ballern. Die Waffen scheinen sogar noch gewissermaßen Spaß zu machen, wenn man sie auf unbelebte Ziele wie Melonen oder Limonadenflaschen abfeuert. Um dieses Konzept drehen sich ganze YouTube-Kanäle wie FPS Russia oder der Slingshot Channel. Während bei Letzterem noch Holz und Gummibänder zu durchschlagskräftigen Schleudern verbaut werden, setzt FPS Russia auf echte Feuerwaffen. Bei den doch unterhaltsam gestalteten Videos zeigt ein “professioneller Russe”, welche Zerstörung man mit verschiedensten Gewehren, Pistolen und Kanonen anrichten kann. Ist es noch immer in Ordnung, solche Videos zu mögen, wenn doch echte Waffen gewissermaßen verherrlicht werden? Immerhin sind die Waffen nach wie vor nur Pixel auf unseren Bildschirmen - bis man sie ausdruckt.

Wie real dürfen die Waffen denn sein?


In den letzten Jahren hat sich viel auf dem Gebiet der 3D-Drucker getan. Um einen RepRap selbst zu bauen, braucht man nur die selbst druckbaren Bauteile und die passende Elektronik. Für 350 Euro hat man schon einen solchen Drucker zur Verfügung. Professionelle Geräte wie die der Marke Makerbot gibt es ab 2.000 Dollar. Unabhängig vom Gerät dient stets ein CAD-Model als Vorlage zum Drucken. In wenigen Minuten lassen sich diese gerade noch digitalen 3D-Modelle zu realen Objekten machen. So lassen sich beispielsweise Waffenteile im eigenen Wohnzimmer anfertigen. Ein derartiges Projekt verfolgt Cody Wilson, der nur den “Reciever” (das Mittelteil) druckt und den Rest der Waffe legal im Internet bestellt. So kann er schnell und unkompliziert funktionsfähige Sturmgewehre bauen, modifizieren und wenn er will sogar verbreiten. Die an sich meldepflichtigen Teile haben dabei keine Seriennummern. Wirklich verbieten können US-Behörden das Ganze nicht. Wie Wilson selbst sagt, kann man nichts gegen ein Stück Plastik unternehmen. Erst vor Kurzem wurde der 3D-Drucker im Container von Wilsons kleiner Firma dennoch einkassiert - die Gesetzeshüter bekamen doch kalte Füße. Mittlerweile steht das Gerät aber wieder an seinem Platz und produziert mittlerweile sogar legal Waffenteile. Was als Open Source Projekt anfing, hat mittlerweile eine staatliche Erlaubnis, kommerziell Waffen zu produzieren. Wilson entschied sich jedoch gegen den Verkauf seines Produktes - ihm geht es eher um das Vertreten eines Standpunktes und einer politischen Meinung. Auf extreme Art und Weise zeigt er, dass Waffenkontrolle nicht mehr das beduetet, was es vor 20 Jahren war.

Gedruckte Waffen: Vor wenigen Jahren noch Zukunftsmusik, morgen vielleicht ein ernsthaftes Problem.


Hier sieht man, wie neue Technologien und Infrastrukturen auch zu neuartigen Problemen führen können. Wie will man die Verbreitung von Waffen regulieren, wenn man deren Herstellung nicht mehr kontrollieren kann? Die Pläne für die entsprechenden Bauteile lassen sich wie Musik oder Filme im Internet finden. Hier entsteht eine neue legale Grauzone, bei der es noch keine genauen Gesetze gibt. Immerhin wird der 3D-Drucker ja nicht ausschließlich für die Herstellung solcher Teile verwendet. Außerdem ist der finanzielle und herstellungstechnische Aufwand noch ungleich größer wie der legale oder illegale Erwerb einer Waffe. Das muss aber nicht so bleiben. Viele Technologien werden, wie wir es schon oft gesehen haben, mit der Zeit günstiger. Es ist also nicht unrealistisch, dass wir in 10 Jahren einen leistbaren 3D-Drucker für den Heimgebrauch haben könnten. Ob wir damit My Little Pony Statuen oder Schalldämpfer drucken, wird sich noch herausstellen. Was Cody Wilson angeht - vielleicht ist er ein High-Tech Waffennarr, vielleicht aber auch der gefährlichste Troll der Welt. Er zeigt ein Problem auf, mit dem wir heute schon umgehen müssen, wenn uns morgen nicht die Zukunft einholen soll.

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