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In Your Face Friday - Spoileralarm

karlstiefel 18.04.2014 15668 9
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Wer das Ende oder den Plot Twist eines Filmes oder einer Serie verrät, kann den Hass der Fans ernten. Sowohl die Sensibilität der Konsumenten, als auch das oft unvorsichtige Vorgehen der Spoiler-Säue zeigen: Hier ist eine eigene Psychologie am Werk. Wenn es zu einem Spoiler kommt, reagieren Fans mit einem allzu bekannten Verhalten darauf. Aber Eines nach dem Anderen - ich möchte ja nichts im Vorhinein verraten.

VORSICHT: DIESER IN YOUR FACE FRIDAY KANN SPUREN VON SPOILERN ENTHALTEN!

Fangen wir mit einem harmlosen Beispiel an, das ihr ohne schlechtes Gewissen anklicken könnt:
Spoiler Alert:
Darth Vader ist Anakin Skywalker, der Vater von Luke Skywalker.
Gut, das war jetzt nicht der stärkste Spoiler, sondern eher Allgemeinwissen. Schließlich wird die Verwandtschaft in einem 34 Jahre alten Film geklärt. Die Halbwertszeit dieses Twists von Star Wars wurde längst erreicht. Versuchen wir es erneut, dieses Mal mit Breaking Bad. VORSICHT: Wer die Serie noch nicht gesehen hat, sollte diesen Spoiler NICHT anklicken! Ihr wurdet gewarnt.
Spoiler Alert:
Die Nazis töten Hank, Walter wird von einem Querschläger seiner eigenen Waffe erwischt und stirbt und Jesse kommt nach Monaten der Gefangenschaft frei.
Dieser Spoiler hat gleich ein ganz anderes Kaliber. Der wohl größte Unterschied zwischen den beiden Beispielen ist die Zeit, seitdem der Film/die Serie gezeigt wurden. Nach und nach sickern Medien von der Nische in das bereits erwähnte Allgemeinwissen, die Massenkultur unserer Gesellschaft. Bei aktuellen Medien ist das aber noch nicht der Fall. Hier kommt eine gewisse "Taktung" ins Spiel, die sowohl verbindet als auch abgrenzt. Wenn sich zwei Fans einer Serie treffen, können sie die aktuelle Folge diskutieren. Eine gemeinsame Gesprächsbasis schafft Platz, die geteilte Begeisterung auszuleben. In dem Moment, in dem ein Dritter dazu kommt, der nicht auf dem aktuellen Stand ist, kann es zu einer unangenehmen Situation kommen. Der Wissensvorsprung schafft einen für die Gespräche relevanten Unterschied, die Diskussion rund um die Serie kann nicht spoilerfrei fortgeführt werden.

Das hindert Leute natürlich nicht daran, über die Ereignisse in besagten Serien zu reden, oder wie in einem Artikel von Spiegel.de darüber zu schreiben. Verpackt in ein paar Zeilen über den Zusammenbruch des Streming-Portals des Senders HBO bei der Game of Thrones Staffel-Premiere wurde das Ende der dritten Staffel ganz nebenbei gespoilert. Nicht jeder hat das benötigte Feingefühl im Umgang mit Serienfans. Hier ist nämlich eine ganz eigene Psychologie am Werk - es kommt zu einer regelrechte Allergie gegen das Verraten von Details. Wer die aktuelle Folge noch nicht gesehen hat, dies jedoch vorhat, wird meistens aufwändig versuchen, jegliche Art von Spoiler zu vermeiden. Gespräche fangen mit einem Realitätsabgleich an, Wissensunterschiede werden verdeutlicht und es wird eine "Spoiler-mich-nicht-Warnung" ausgegeben. Doch wenn alle Sicherheitsmaßnahmen versagen, kann es doch immer wieder zum Worst-Case-Szenario kommen: Man wird gespoilert.
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Die schicke Art, Spoiler zu vermeiden.

Das kann einerseits versehentlich passieren. Ein Video ohne Spoilerwarnung, ein mitgehörtes Gespräch oder ein Bild auf Facebook/Reddit/sonstwas reicht bereits, um den Tod eines Charakters, den Twist in einem Film oder den weiteren Verlauf der Serie zu verraten. Einem wird das Privileg und die Freude genommen, das gespoilerte Element der Serie/des Filmes selbst zu genießen. Statt mit der aufgebauten Stimmung im fein abgestimmten Arrangement des Mediums das Erlebnis zu genießen, auf welches die Story hinaus läuft, wird man zwischen Tür und Angel am falschen Fuß erwischt. Der "Wow-Effekt", den die Story bietet, ist nach wie vor vorhanden - nur im falschen Augenblick halt.
Nach dem emotionalen Stich in die Magengrube beginnt ein innerer Monolog, der den Phasen des Trauerns ähnelt:

  • Schock und Verleumdung
    Nein, ich bin nicht gespoilert worden. Die reden bestimmt über eine andere Serie, die nur zufällig passen würde.
  • Wut
    Wie kann dieser Internetausrucker es nur wagen, in meiner Gegenwart solche Details zu erwähnen? Der weiß doch ganz genau, dass ich noch nicht so weit bin!
  • Verhandeln
    Na gut, ich wurde gespoilert. Aber WIE die Person stirbt, ist ja das eigentlich Interessante.
  • Depression
    Super. Die Serie ist ruiniert. Eigentlich brauche ich sie ja gar nicht weiter schauen.
  • Akzeptanz
    Ok, ich schau sie doch.
Wir alle haben diese Phasen bereits spoilerbedingt durchlebt. Ob durch eigene oder fremde Unachtsamkeit, dem Auslassen des Realitätsabgleichs oder - im schlimmsten Fall - durch boshafte und willentliche Sabotage unseres Mediengenusses. Egal wie es dazu kam, es war stets ein ärgerliches Erlebnis. Da die meisten unserer Filme, Bücher, Serien, Spiele, usw. eine starke narrative Komponente haben, steht die Story entsprechend im Mittelpunkt. Diese Story wollen wir aus erster Hand erfahren und nicht durch einen beiläufigen Kommentar zusammengefasst bekommen. Ein Spoiler kann ein gewaltsamer Übergriff auf diese von uns erwartete Struktur sein. Kein Wunder also, dass es auf overclockers.at einen eigenen Spoiler-Tag für die Kommentare gibt. Spätestens, wenn es eine Formatierungsoption für ein medienrelevantes Verhalten gibt, ist dieses in unserer Kultur etabliert.

So lassen sich versehentlich mitgehörte Plottwists vermeiden.
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