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In Your Face Friday - Unfall ohne Fahrer

karlstiefel 16.10.2015 15596 22
Es reicht, wenn man als Fahrzeuglenker kurz abgelenkt ist und schon darf man eine Unfallbeschreibung ausfüllen. Aber was passiert, wenn man nicht der Fahrer war - weil es keinen gibt? Wir stehen kurz davor, selbstfahrende Autos auf der Straße zu haben. Ein mit Sicherheit praktischer Fortschritt, der aber auch zahlreiche Fragen aufwirft. Wer haftet wenn es ohne Fahrzeuglenker kracht und wie stellen wir sicher, dass es sich dabei nicht um die Revolution der Maschinen handelt?

Blechschaden - Mist. Dabei hat man eh eigentlich Glück gehabt, dass nicht mehr passiert ist. Das Glück, das man in diesem Fall genießt, wird durch eine Knautschzone, Airbags und den Sicherheitsgurt entsprechend gefördert. Wenn wir alle perfekt fahren würden, bräuchten wir die Features nicht. Wer wohl angeblich fehlerfrei durch die Straßen navigieren kann ist Google. Jetzt nicht die Seite oder die ganze Firma, das wäre lächerlich. Die Rede ist vom selbstfahrenden Auto aus der Softwareschmiede. Wenn man vor 10 Jahren gesagt hätte, dass eine Suchmaschine autonome Fahrzeuge entwickeln wird, hätte das wohl eine Diskussion losgetreten. Auf den vereinigten Straßen von Amerika ist das Google-Auto schon knappe sechs Jahre lang unterwegs gewesen. Seither gab es zumindest 14 Unfälle mit dem fahrerlosen Wagen - bei 11 davon wurde der Wagen von hinten angefahren, auch bei den restlichen drei sehen die Entwickler nicht die Schuld bei sich, sondern bei den anderen Verkehrsteinehmern.
Entwickler Chris Urmson dazu: "Unsere selbstfahrenden Autos wurden überraschend oft von Fahrern gerammt, die abgelenkt waren und sich nicht auf die Straße konzentriert haben." Bei einem der Unfälle (siehe Video) kam das Google-Auto rechtzeitig zum Stillstand, der Wagen dahinter war mit knapp 30 km/h unterwegs und bremste zu spät oder garnicht. Die häufigste Ursache für Unfälle befindet sich halt doch zwischen Lenkrad und Fahrersitz.

Das Google-Auto blieb rechtzeitig stehen, der Wagen dahinter nicht.

Wirklich sicher bei der Sache scheint sich der schwedische Autohersteller Volvo zu sein: Dieser hat nämlich angekündigt, die volle Haftung zu übernehmen, sollte ein selbstfahrendes Fahrzeug aus seinen Werkshallen während es im "automatischen Modus" ist in einen Unfall verwickelt sein. Das klärt die Haftungsfrage, doch für den Großteil der Automobilbesitzer wirkt der Gedanke eines selbstständig fahrenden Wagens noch immer seltsam - selbst wenn es theoretisch sicherer ist. Zunächst sind wir ein gewisses Interface gewöhnt - wer ein Fahrzeug aus einem Land mit Linksverkehr gelenkt hat weiß, wie schwerwiegend eine so kleine Änderung sein kann. Ähnlich wird es auch mit fahrerlosen Pkws sein: Es wird zunächst ein aktiver mentaler Akt sein, nicht zu lenken. Ganz ohne Führerschein werden wir uns nicht in die Fahrzeuge setzen können, schließlich wird vom Fahrer auch ein gewisser Anteil am Lenken vorausgesetzt. Sollten die Umweltbedingungen - wie Wetter oder der Zustand der Fahrbahn - zu extrem werden, beim Erreichen des Ziels oder bei einem etwaigen Systemausfall muss man selbst wieder zum Lenkrad greifen. Ob der Autopilot in Extremsituationen schnell genug und "richtig" reagiert, lässt sich aktuell auch noch nicht sagen. Positiv wäre eine solche Technologie natürlich für Leute, die Mobilität brauchen aber nicht haben: alte Leute, Blinde und Menschen mit Querschnittlähmung könnten plötzlich (wieder) ins Auto steigen und ohne fremde Hilfe von A nach B kommen. Für viele Menschen wäre das ein Gewinn an Lebensqualität.
Selbst wenn wir gelernt haben, uns auf der Straße zu entspannen und den Systemen die Fahrt zu überlassen, stellt sich noch immer die Frage, wie sicher der Bordcomputer denn eigentlich ist. Die Hersteller versuchen zwar den Code nicht in die falschen Finger gelangen zu lassen aber das hat findige Hacker noch nie abgehalten. Irgendwer wird es als eine Herausforderung ansehen, zwei autonome Fahrzeuge gegeneinander krachen zu lassen. Wie erfolgreich das wird, bleibt abzuwarten.
Dann gibt es da noch ein Schreckens-Szenario: Stellt euch vor, ihr habt vergessen, den Wecker zu stellen. Kurz nach 8 Uhr wacht ihr auf - keine halbe Stunde Zeit bis zum ersten Termin. Auf die gesamte Morgenroutine - Duschen, Rasieren, Kaffee und Zähne putzen in beliebiger Reihenfolge - kann verzichtet werden. Aufs Frühstück auch. Schnell packt ihr euer Zeug zusammen, zieht euch hastig an, bindet die Schuhe und eilt zum Auto. Das wird ja von alleine Fahren, somit könnt ihr euch zumindest ein bisschen vorbereiten. Wahlweise der Rucksack oder die Aktentasche fliegt auf den Beifahrersitz, der Schlüssel wandert beim zweiten Versuch in die Zündung und dann: Software Update 1/17, bitte schalten Sie das Auto nicht ab.

Haken an der Sache: Zum Fahren braucht man ein Google+ Konto.

Wie schaut es bei euch aus - würdet ihr das Steuer an eine Software abgeben? Wärt ihr lieber ein dauerhafter Beifahrer oder hättet ihr doch lieber nur ein bisschen Hilfe auf der Autobahn?
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