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Neues vom Pinguin

COLOSSUS 07.10.2008 12300 16
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Der Herbst hat uns allen ein erstes, marktiefes Frösteln gebracht, der Weltfinanzmarkt liegt stöhnend am Boden. Ungeachtet dessen: freie, quelloffene Software wird weiterhin entwickelt wie eh und je. Gerade zu Beginn der kühlen Jahreszeit erwarten uns einige heiße Neuerungen, die keinen wichtigen Bereich des freien Desktops unberührt lassen und natürlich auch für Server und Co. eine Rolle spielen.


Mit Spannung erwartet wird der Linux Kernel 2.6.27, den Linus Torvalds wohl in den nächsten Tagen freigibt. Darüber werden sich unter anderem Freunde der Video-Konferenz freuen: Der für viele Webcams nötige Treiber gspca wird in die offiziellen Quellen aufgenommen. Einige hundert verschiedene Webcams funktionieren damit einfach nach dem Einstecken mit beliebiger Video4Linux-kompatibler Software wie aMSN oder Kopete.

Für Embedded Linux interessant ist die erstmalige Integration eines "Voltage and current regulation"-Frameworks, das es ermöglichen soll die Betriebsspannungen von verschiedenen System-on-a-Chip-Designs einfach und standardisiert zu regeln. Wenn sich das System durchsetzt, wird es vielleicht auch einmal bei der PC-Hardware Einzug halten, was Über- und Untertakter gleichermaßen erfreuen sollte.

Zu den vielen hundert kleinen aber feinen Änderungen zählen außerdem der Block layer data integrity support, schnelleres Resume von AHCI-SATA-Festplatten, eine komplett neue, auf kdump/kexec basierende Suspend/Resume-Architektur, Verbesserung am Intel WiFi-Treiber (rfkill und Packet-Injection-Support), Unterstützung für jede Menge neuer onboard-Soundkarten, und vieles, vieles andere mehr.

Für den einige Wochen später zu erwartenden Linux Kernel 2.6.28 angekündigt haben sich Intels Graphis Execution Manager, kurz GEM, der eine herstellerübergreifende Möglichkeit bietet Speicher für GPUs zu verwalten. Davon erwartet man sich eine deutlich gesteigerte Leistung bei 2D- und 3D-Operationen auf modernen Grafikkarten. Virtualisierungsbegeisterte werden kaum auf jene Patches warten können, die es dem in Linux enthaltenen Hypervisor KVM ermöglichen, einzelne PCI-Devices an Gast-Betriebssysteme durchzureichen. Erste Grafiktreiber werden ebenfalls auf Kernel-based Mode Setting (KMS) migriert, wodurch der Linux-Kernel für das Umschalten der Auflösung zuständig ist, und der X-Server von dieser Pflicht entbunden wird.




Apropos X-Server: Das lang erwartete und schier ewig verzögerte Release 7.4 von Xorg hat endlich seinen Weg aus den Versionskontrollsystemen gefunden. Die Änderungen fallen im Vergleich zu Version 7.3 bescheiden aus, da es vor allem wegen des GEM einige Planänderungen in letzter Minute gab: Weder die Direct Rendering Infrastructure 2 (DRI2) noch Multi-Pointer-X (MPX) haben die Aufnahme geschafft. Vor allem DRI2 dürfte den Nutzern bunter 3D-Desktops schmerzlich abgehen, hätte es doch die schon lange bekannten Probleme bei der Videowiedergabe gelöst, die bei aktivierten Desktopeffekten bestehen.

Release 7.5 ist uns noch vor dem Jahreswechsel versprochen und wird von Intels Keith Packard koordiniert. Es soll unter anderem eine neue Beschleunigungsarchitektur mitbringen, die aber nur einen vorübergehend Auftritt haben wird. Sie soll auf GEM aufsetzen und Aufschluß liefern, wie man die aktuelle Architektur EXA verbessern kann. Man darf gespannt sein, wie lange es diesmal tatsächlich dauert.




Auch bei den Desktop-Frontends KDE und GNOME ist die Zeit nicht stehengeblieben - wir haben bereits über GNOME 2.24 berichtet. Das KDE-Team hat die fehlerkorrigierte Version 4.1.2 freigegeben, die unter anderem einen seltsamen Fehler beim Löschen vieler Dateien beseitigt. Dadurch wird das Löschen außerdem um Faktor 32 beschleunigt. Neue Features gibt es gegenüber Release 4.1.1 keine.

Für Version 4.2 stehen unter anderem die Integration des PIM-Frameworks Akonadi an, oder die Freigabe der KDE-Entwicklungsungebung KDevelop. Wer will, kann natürlich den tagesaktuellen Quellcode aus dem SVN-Repository beziehen, und damit einen Blick in die nahe Zukunft werfen. Den meisten Stimmen im Netz zufolge laufen auch die inoffiziellen Vorabversionen schon außerordentlich stabil. Zudem sei auf das neu eröffnete KDE-User-Wiki namens "Userbase" hingeweisen, das dem sehr erfolgreichen Developer-Wiki "Techbase" nacheifert, aber natürlich mit Fokus auf den Endbenutzer.

Seit Mitte letzten Monats gibt es auch eine neue Alpha-Version des weniger häufigen Desktops Xfce Version 4.6. Wie lange es hier noch bis zur fertigen Version dauert, ist noch nicht abzusehen.

Zu den Neuerungen bei den Distributionen zählen die Veröffentlichung der nächsten Ubuntu-Familie (Ubuntu, Kubuntu und Xubuntu) als 8.10 Beta, sowie die Freigabe von OpenSUSE 11.1 Beta 2. Auch die Beta-Version von Fedora 10 soll hier nicht unerwähnt bleiben, denn die Änderungen unter der Haube sind beträchtlich: Der Paketmanager RPM in Version 4.6 verspricht vergleichweise blitzschnelle Paketinstallationen, und auch sonst tummelt sich lediglich topaktuelle Software, inklusive einiger Technologie-Previews wie etwa KMS, die derzeit noch allein Fedora vorbehalten sind. Andere Distributionen werden diese erst in den kommenden Monaten integrieren, in der neuesten Auflage des von Red Hat gesponsorten Projekts. Nutzer schwächerer Rechner sollten eventuell einen Blick auf die jüngste Ausgabe des kanadischen VectorLinux werfen, das auch auf altersschwachen PCs zur Hochform auflaufen soll.




Eine erwähnenswerte Entwicklung machte in den letzten Tagen ExtSQL durch, eine Fork des allseits bekannten Datenbanksystems MySQL. ExtSQL bietet jetzt detailliertere Nutzungsstatistiken und taucht vielleicht schon bald bei den ersten Pauschalpreis-Webhostern auf.

Das beliebte freie Grafikprogramm GIMP liegt seit wenigen Tagen in Version 2.6 vor, und bietet zum ersten Mal Unterstützung für die Grafikbibliothek GEGL, die schon bald nondestruktives Editing in beliebigen Farbräumen ermöglichen soll.

Ebenfalls auf Version 2.6 gebracht wurde die Programmiersprache Python, die übrigens auch zum Steuern des GIMP-Plugin-Systems genutzt wird. Python 2.6 dient vor allem dazu, Entwicklern eine Möglichkeit zu geben, ihre Programme auf das Python 3 vorzubereiten, das in Kürze erwartet wird und auch unter dem Namen "Python 3000" bekannt ist.

Angesichts dieser Entwicklungen darf man gespannt sein, welche Überraschungen das Jahr 2008 noch in petto hat - die Aussichten sind jedenfalls vielversprechend.
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