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In Your Face Friday - Fanfiction

karlstiefel 14.06.2013 8093 4
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Was haben Counter-Strike und Fifty Shades of Grey gemeinsam? Zwei Dinge: Gewalt und eine ähnliche Entstehungsgeschichte. Beide wurden von Fans eines beliebten Titels geschaffen, der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Mittlerweile spielen die Mods und der Roman in derselben Liga wie ihre Vorbilder.

Am Anfang, da war Twilight. Schrecklich, ich weiß. Wie unzählige pubertierende Mädchen war auch die 50-jährige E. L. James von dem Glitzervampir und der Frau mit Gesichtslähmung begeistert. Darum schrieb die Hobbyautorin einen SM-Roman, in welchem das Liebesleben des Saugers beschrieben wurde. Um nicht verklagt zu werden, änderte sie Edward zu Christian Grey und aus Bela wurde Anastasia Steele. Ähnlichkeiten mit Nackt kam die Fremde sind hier rein zufällig. Bald war der Schmuddelroman Fifty Shades of Grey ähnlich erfolgreich wie Twiligt und frustrierte Hausfrauen konnten endlich ihre versteckte Leidenschaft für Fesselspiele und Peitschen entdecken. Es folgten - wie könnte es anders sein - mehrere Fortsetzungen. Warum quäle ich euch mit diesem Wissen über Schundliteratur? Um das zu verstehen, fangen wir einfach noch mal von vorne an.
Am Anfang, da war Half-Life. Schon besser. Zwei Modder - Minh “Gooseman” Le und Jess Cliffe - hatten aus dem Shooter einen kompettitiven Spielmodus entwickelt, welcher sehr schnell auf LAN-Parties adaptiert wurde. Ein Jahr nach Veröffentlichung wurde Counter-Strike von Sierra Entertainment vertrieben. Spätestens mit dem Patch 1.6 war der Team-Shooter aus der Steam-Biliothek nicht mehr wegzudenken. Es folgten - wie könnte es anders sein - mehrere Fortsetzungen.

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Die typische Reaktion bei Kirk/Spock-Fanfiction.


An beiden Beispielen kann man, unabhängig ob man die Titel mag oder nicht, die Kraft der Fans sehen. Ob Fanfiction oder Mod - Medien werden oft von begeisterten Konsumenten mit Talent erweitert und ergänzt. Hier bietet die Vorlage ein Sprungbrett für kreative Köpfe, die nur eine passende Vorlage brauchten. Nur leider wird die Rechnung oft ohne die Autoren eben dieser Vorlagen gemacht. Geene Rodenberry hätte wohl kaum gewollt, dass Captain Kirk und Spock mehr als nur Freunde sind - so zu finden in zahlreichen “Queer-Fictions”. Hier haben Fans die zugegebenermaßen vorhandene homoerotische Natur der beiden Figuren auf die Spitze getrieben. Kein Wunder also, dass die Rechteinhaber gegen Fanwerke vorgehen, die den Ruf des Originals negativ beeinflussen. Ähnlich handhabt es J. K. Rowling, Autorin der Harry Potter Serie. Zwar hat sie bereits erfolgreich gegen einen chinesischen Verlag geklagt, welcher inoffizielle Fortsetzungen der Zauberer-Saga herausgebracht haben - gegen Fantexte habe sie jedoch nichts. Man solle diese jedoch jugendfrei halten, bat sie einst die Verfasser, schließlich ist und bleibt Harry Potter Stoff für junge Leser. Wer sich noch an die Kriegerprinzessin Xena erinnert, hat wahrscheinlich ein oder zwei Folgen gesehen, die aus der Feder von Fans stammen. Zwei Episoden mit Drehbüchern von Fanfiction-Schreibern haben es nämlich in die Produktion geschafft.
Eine ähnliche Entwicklung gibt es auch im Bereich der Computerspiele - hier war Counter-Strike nur der Anfang. Aktuell hat CD Project RED angekündigt, einen Patch für The Witcher 2 herauszubringen, welcher größtenteils auf Modifikationen beruht. Für Brink konnten Teile des Modder/Entwicklerteams von Wolfenstein: Enemy Terretory gewonnen werden.

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Was? Nein! Nicht DIE Art von Mod!


Dann gibt es aber wieder für Entwickler und Publisher abschreckende Beispiele, welche den Mod-Support unattraktiv machen. Hot Coffee für GTA: San Andreas schaltete ein Minispiel frei bei dem … nun ja … “CJ noch auf einen Kaffee mit rein gekommen ist”. Starke Vorwürfe gegen die Modder wurden laut - diese hatten jedoch nur Überreste von im Spiel vorhandenen Fragmenten des Mods freigeschaltet. Urheber waren also die Entwickler, Veröffentlicher jedoch die Modder. Spätestens hier wird klar, dass die Grenzen des Urhebers bei Fanfiction und Mods leicht verwischen. Dem ursprünglichen Autor wird der Inhalt aus den Händen genommen. Das kann gut oder schlecht laufen, abhängig von den Fans. Wer hier noch über den Begriff des Urhebers spricht, befindet sich im Bereich der Medienphilosophie.
Trotz der aufgezeigten Gemeinsamkeiten dürfen wir hier einen wichtigen Faktor nicht vergessen: die Umsetzung. Es ist einfach, eine verfasste Geschichte zu publizieren - wenn auch nur im Internet. Literatur als Medium ist so offen, dass selbst verfasste Texte auf vielerlei Art an die Leser kommen können. Bei Spielen stellt die technische Umsetzung eine Hürde dar, die nur durch passendes Vorwissen überwunden werden kann. Schlechte Fanfiction mit plumpen “Erotikszenen” ist schnell geschrieben, versteckte Inhalte mit ein wenig Können freigeschaltet. Eine erfolgreiche Mod wie Counter-Strike wird jedoch kaum eine einzige 50-Jährige auf die Beine stellen. Sonst hätten wir längst Fifty Shades of Dust...
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