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In Your Face Friday - Technologie-Nirvana

karlstiefel 28.06.2012 37208 55
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Beinahe täglich kommen Geräte mit neuartigen Technologien auf den Markt. Schneller, einfacher, hochauflösender, sicherer und praktischer sollen unter anderem Computer, Handys und Speichermedien werden. Doch war vor Jahren noch aktuell war, löst heute eher Nostalgie aus. Mit den veralteten Technologien verschwindet auch das Wissen um den - teils ganz persönlichen und individuellen - Umgang mit ihnen. Widmen wir uns diesem aus der Mode gekommenen Wissen.

“Wie ich so alt war wie du, gab es nur 150 Pokémon”, werde ich eines Tages meinen Nachkommen sagen. Dann werden die Kleinen Augen machen. Ihr Papa/Opa/Onkel ist nämlich jetzt schon irgendwie … alt. Mit gerade einmal 26 Jahren bin ich bereits älter als Amazon, Facebook, Google und YouTube. Ach was, nennen wir die Dinge beim Namen - ich bin älter als das Internet selbst! Und der Großteil von euch Lesern wahrscheinlich auch! Sechsundzwanzig, das ist doch kein Alter. Dennoch habe ich mit etwas mehr als zweieinhalb Jahrzehnten bereits einiges an Technologie überlebt. Das merke ich weniger an den mittlerweile absurd niedrig wirkenden Taktungen der Prozessoren in den PCs, für die in einer Spiegel-Ausgabe von 1986 geworben wird. Ich merke es auch nicht am eigentlichen Verschwinden der Technologien - mir gehen weder Disketten noch VHS- oder Audio-Kassetten ab. Woran ich es wirklich merke ist, dass ich viele Tricks und Kniffe nicht mehr anwenden kann. So habe ich mich früher liebend gerne mit der metallenen Schutzabdeckung der Disketten gespielt. Oder meine Pumuckl-Hörspiele auf Kassette habe ich damals nicht wie die Meisten mit einem Bleistift, sondern mit dem kleinen Finger manuell zurückgespult. Heute kann ich keines der Beiden mehr machen - mein angeeignetes Wissen wurde obsolet.

Als mir ein Freund vor vielen Jahren erzählte, dass sie ihr Festnetztelefon abgemeldet haben, wunderte ich mich kurz, wie ich ihn denn nun erreichen sollte. Da jeder in der Familie mittlerweile ein Handy hatte, konnte ich ihn sogar noch einfacher erreichen. Die alte Telefonnummer kann ich aber heute noch auswendig.

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Wenn ihr den Zusammenhang nicht aus eigener Erfahrung kennt, seid ihr wohl unter 20 Jahre alt.


Das waren nur einige persönliche Beispiele, die für mich jedoch klar machen, dass Medien nicht nur Kommunikationswerkzeuge sind. In der Aneignung von Medienkompetenz, entwickeln wir unsere ganz eigene Art der Anwendung. Wir verbinden mit der Benutzung die daraus entstehenden Emotionen und Erinnerungen. Frei nach dem Motto “The Medium is the Message”, finden wir mehr als nur die Möglichkeit der Coderung, Übermittlung und Decodierung von Informationen. Disketten und CDs werden zu Spielzeug, Geräusche zu Erinnerungsträgern, Formen zu Ikonen. Wie anders lässt sich erklären, dass eine Diskette noch immer als Speicher-Symbol verwendet wird?

Besonders Geräusche brennen sich förmlich in unser Gehirn, da sie immer gleich sind. Wer die beiden Beispiele - das “Uhoh” von ICQ und das Start-Geräusch von Windows 95 - anhört, wird wahrscheinlich sofort eine Verbindung mit den prägnanten Sounds herstellen können. Letztes wurde sogar von einem (halbwegs) bekannten Komponisten entworfen. Brian Eno heißt der Musiker, dessen Werk täglich Millionen Mal gehört wurde. Ironie an der Geschichte: Komponiert wurde das 6 Sekunden lange Meisterwerk auf einem Mac...

Der Windows 95 Start-Sound: Millionenfach gehört in den 90ern.


Technologie ist stets, was wir daraus machen. Wir lernen, mit den Stärken und Schwächen umzugehen und diese zu unserem Vorteil zu nutzen. Ob das jetzt Effizienz oder Spaß ist, hängt von uns ab. Entfremden wir die Dinge genug von ihrem eigentlichen Nutzen, dürfen wir uns schon “Hacker” nennen. Egal, wie wir die uns zur Verfügung gestellten Medien-Technologien nutzen - es ist stets ein mit Kreativität verbundener Lernprozess. Da wir bei der Nutzung viele Freiheiten haben, gibt es keine “richtige” Art, Medien zu nutzen. Aber es gibt unsere Angewohnheiten, die sich auch mit der Zeit ändern und auf andere Medien überspringen können.

Das Schöne daran: Wir erleben diesen Prozess immer wieder und können neue Geräte, Technologien und Trends immer wieder für uns entdecken. Jetzt gerade hat jeder von uns Dutzende, wenn nicht Hunderte kleiner Angewohnheiten, die in dieser Kombination einzigartig sind. Welche davon bestehen und welche davon vergessen werden - das können wir erst in ein paar Jahren sagen. Sicher ist aber, dass wir uns auch in Zukunft mit Neuerungen anfreunden und unser bewährtes Verhalten weiter an den Tag legen werden. Und vielleicht hören wir dann irgendwann den Start-Sound von Windows 7 oder sogar 8 und erinnern uns dann nostalgisch zurück. Ach, das waren noch Zeiten.

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Vielleicht müssen wir nicht ganz so lange auf das Retro-Gefühl warten.


Dieser In Your Face Friday ist meepmeep und Punisher gewidmet. Da keiner der Beiden Themenvorschläge hatte, habe ich einfach über “Nichts” geschrieben - denn die im Artikel erwähnten Angewohnheiten verschwinden ja scheinbar im Nichts.
Jetzt aber zu euch - was für Erinnerungen an abgelegtes Nutzerverhalten habt ihr?
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