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In Your Face Friday - Das Re-Review

karlstiefel 24.06.2016 25362 0
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Leiwand, Mist, Meh, Klassiker - damit Zocker auch wissen, wo sie ihr Geld und ihre Zeit hinein stecken sollen, ist die Meinung anderer manchmal von Nöten. Kritik legt die Stärken und Schwächen von Games offen. Bloß sind Spiele nicht mehr das statische Produkt, das sie einst waren. Deshalb sehen wir auch gerade eine Entwicklung bei den Reviews, die deren Meinungs-Monopol zumindest öffnet, wenn nicht sogar sprengt. Schauen wir uns also an, warum und wie sich die Medienkritik ändern muss.

Fortsetzungen gibt es ja am laufenden Band. Filme, Serien, Bücher, Spiele. Dementsprechend viel Nachschub haben auch die Medien, die sich kritisch mit den Installationen auseinandersetzen. Bloß machen mittlerweile auch Fortsetzungen für Reviews Sinn. Denn Spiele haben in den vergangenen zehn Jahren eine signifikante Veränderung durchgemacht: Sie sind von Produkten zu Dienstleistungen geworden. Während ein Produkt im Regelfall etwas statisches ist, können Dienstleistungen dynamisch sein. Auf Games umgemünzt heißt das: Ein Bug war früher unter Umständen etwas Permanentes, heute gibt es meist schon zum Release einen Patch. Für Nachschub musste man früher das Addon oder die Fortsetzung warten, heute gibt es Content-Updates. Besonders bei Multiplayer-Spielen, bei denen Balancing ein wichtiger Aspekt des Gameplays ist, ist regelmäßig mit kleinen Abänderungen der Spielmechaniken zu rechnen. Über längere Zeiträume kann das bedeuten, dass man das Spiel, dass man einst so innig geliebt hat, kaum wiedererkennt. Es schaut vielleicht gleich aus, jedoch fühlt es sich einfach anders an. Der MMO-Primus World of Warcraft hat zum Beispiel bei einem Addon viele Gebiete komplett überarbeitet. Damit kommen wir zu einer philosophischen Frage: Nehmen wir an, bei einem Schiff wird der Mast ausgetauscht. Es handelt sich immer noch um das selbe Schiff. Doch wie lange können Teile ausgetauscht werden, bis es sich nicht mehr um das selbe Schiff handelt? Wenn alle Teile ausgewechselt sind, ist es noch das Original?
So tiefgreifend ist das bei Games zum Glück nicht - sonst müsste ja über kurz oder lang sogar die Engine ausgetauscht werden. Aber sein wir uns ehrlich: Spiele können sich mittlerweile grundlegend ändern. Diablo 3 ist zum Beispiel vom Börsen-Simulator zum Hack'n'Slay geworden - und das nicht nur für die Besitzer vom Addon Reaper of Souls. Besonders wichtig ist, dass sich das "alte" Diablo 3 - die "Vanilla-Version" - nicht mehr spielen lässt, die Änderungen sind verpflichtend und automatisch. Daher ist alles, was vor den Updates über den Titel gesagt wurde, hinfällig. Damit ist auch sämtliche (professionelle) Kritik - also alle Reviews - überholt und schlichtweg unwahr. Der Neuzugang im Archiv schafft somit Platz für ein Re-Review, eine Neuansicht.
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Insgesamt ausgeglichen, kürzlich sehr gut - Batman: Arkham Knight hat sich von einer Katastrophe zu einem passablen Titel gewandelt.

Bloß wann zahlt es sich aus, ein neues Review zu verfassen, wenn es doch eigentlich bereits eines gibt? Eigentlich immer, wenn man aktuelle Trends anschaut. Portale wie Metacritic haben einen Mittelwert, der sich aus allen Kritiken ergibt. Steam unterscheidet bei der Bewertung von Spielen zwischen "kürzlich" und "insgesamt". Die Reviews selbst werden schon längst nicht mehr ausschließlich von "Profis" gemacht, sondern eine gute Portion Enthusiasmus reicht bereits aus, um den eigenen Senf dazu zu geben. Ob das ein "Spil is gud" oder ein mehrseitiges, durchdachtes und pointiertes Stück Literatur ist, sei mal dahin gestellt. Auf jeden Fall haben wir es mal wieder mit einer Ausprägung von der Radio-Theorie von Bertolt Brecht zu tun. Der alte Kommunist hat dem Radio seinerzeit nämlich Eigenschaften zugeschrieben, die erst mit dem Internet umgesetzt wurden. Eine besonders wichtige davon ist, dass jeder Teilnehmer gleichermaßen Konsument und Produzent, Sender und Empfänger sein kann. Dadurch kann ein Review quasi in Echtzeit eine Auffrischung erhalten. Die fleißigen Zocker schauen sich das Ganze an und geben ihr Urteil während Fachjournalisten noch nach den richtigen Worten suchen. Im Idealfall wird so aus dem Review, das einst als Bollwerk der Meinungsbildung galt, ein Diskurs, in dem eine Schwarm-Intelligenz einen Mittelwert findet. Ob das wirklich objektiver ist, kann angezweifelt werden. Games und Shitstorms haben sowas wie eine gute Beziehung. Im Endeffekt läuft es darauf hinaus, dass auch Reviews keine finale Form mehr haben. Sie passen sich dem Medium mit dem sie sich beschäftigen an und werden von einem starren Produkt - ein Mal gelesen und fertig - zu einem flexiblen Service.

Wie schaut das bei euch aus - wem schenkt ihr bei der Medienkritik Gehör?

Intro-Bild von Debora Cartagena, verwendet unter Creative Commons Lizenz.
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