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In Your Face Friday #11

karlstiefel 22.04.2011 19069 28
IyFF
Dass ich nicht lache - Humor in Computerspielen? Ein schwieriges Thema und oftmals sogar Gift für die Verkaufszahlen. Ob uns nach einem genaueren Blick auf die Spaß-Industrie noch nach Lachen zumute ist, werden wir erst sehen ...

Werter Herr mat! Sie sind WIEDER zu spät! Solche Aussetzer finde ich gar nicht komisch. Darum benötigte ich letzte Woche ein wenig Aufheiterung und ich begab mich ans Spieleregal des nächstgelegenen Elektronikfachmarktes. Dort sprang mir ein neuer Titel der Half Life-Macher ins Auge: Portal 2. Als großer Fan des ersten Teiles griff ich natürlich zu und setzte mich an den heimischen Rechner für eine gepflegte Zocker-Session. In den folgenden Stunden erwarteten mich komplexe Rätsel, eine unterhaltsame Story und vor allem Spaß. Kennt ihr das noch beim Zocken, dieses seltsame "Spaß haben"? Das Ding, was man hatte, bevor man StarCraft 2-Buildorders auswendig lernen musste oder bei Call of Duty in permanenter Ragequit-Stimmung war? Von diesem "Spaß" war in Portal 2 reichlich vorhanden, was besonders am eigenen Humor des Spieles liegt. Und damit sind wir schon beim Thema angekommen: Humor in Computerspielen!

Tim Schafer
Tim Schafer erfährt, dass mat wieder einen IyFF ausgelassen hat.


Während Portal 2 also wie der Film Cube (1997) unter der Regie von Monty Python daher kommt und seinen Charme perfekt ausspielt, geht es nicht allen Spielen so. Ein Beispiel, welches ich hier gerne anbringen würde, sind sämtliche Spiele der letzten Jahre, die aus der Feder von Tim Schafer stammen. Versteht mich nicht falsch, ich habe einen Schrein zu Hause, wo ich das Antlitz des Spieledesigners drei Mal täglich anbete, aber er hat ein einzigartiges Talent. Nämlich genial lustige und einzigartige Spiele zu machen ... die niemand kauft. Früher machte er sich bei LucasArts einen Namen mit Maniac Mansion (1987) und Day of the Tentacle (1993), Monkey Island 1 und 2 (1990,1991), sowie Full Throttle (1995). Aber ab da ging es schon mit den Problemkindern los: Grim Fandango (1998) floppte und hatte eine fürchterliche Steuerung. Der Nachfolger beim Studio Double Fine sollte auch einige Zeit auf sich warten lassen, denn Psychonauts kam erst 2005 heraus. Mit Schauspieler Jack Black und der Hilfe von einigen Metal-Helden unserer Tage realisierte er Brütal Legend (2009), welches ebenfalls hinter den Erwartungen blieb. Seither brachte er uns Costume Quest (2010), Stacking (2011) und bald auch Trenched. Egal ob Reiseveranstalter im Jenseits, Zirkusartist in einem Sommercamp für psychische Kräfte oder Junge in Form einer Matrjoschka-Puppe - jeder seiner Protagonisten hatte Charme, Humor und war wirklich einzigartig. Neben dem außergewöhnlich guten Design war auch das Gameplay meistens in Ordnung. Warum verkaufen sich die Spiele also nicht/schlecht?

Humor der Sorte Cliffy B.


Vielleicht ist Humor in Spielen einfach nicht angebracht. Vielleicht sind nur derbe Zoten der Sorte Cliffy B. (Gears of War, Bulletstorm) als Verkaufsargument gültig, während ein subtiler Humor einfach keinen Anklang findet. Vielleicht ist die Sorte Humor, die in Filmen und Serien funktioniert, einfach nicht für ein interaktives Medium geeignet. Das sind viele "vielleicht", aber wenig Konkretes. Eine Möglichkeit ist auch, dass eine spaßige Story gerne ein Mal dazu führt, dass das Spiel von vielen als "kindisch" und "uncool" angesehen wird. Beispiel Viva Piñata (2006): Obwohl es eine wirklich clevere und lustige Aufbau-Simulation ist, schreckte die zuckersüße Grafik schnell ab. Man ist ja schließlich kein Casual-Zocker! Pfui!! Hier muss ich auch die Serie My little Pony: Friendship is Magic erwähnen - JA, die niedlichen Ponys aus den 80ern, von der es jetzt eine neue Comic-Serie gibt. Wenn man sich einmal damit abgefunden hat, dass es sich um das Franchise handelt, mit dem die kleine Schwester früher gespielt hat, findet man eine wirklich lustige und sehr intelligente Serie vor sich. Anspielungen auf Filme, Popkultur und sogar Astronomie lassen erkennen, dass hier auch an die Erwachsenen gedacht wurde, die My little Pony mit ihren Kindern schauen. Selbiges gilt übrigens auch bei diversen Produktionen von und mit Matt Groening und den Disney-Filmen.

Ponys!
Ponys? PONYS!!!


Da ich jetzt endgültig in das Profil eines Serienmörders falle, möchte ich zum Schlusswort kommen. Humor ist etwas unglaublich Schwieriges. Was so manche zum Brüllen finden, entlockt anderen nicht das geringste Lächeln. Die Umsetzung von komödiantischen Inhalten in Videospielen ist deshalb eine Disziplin, die bisher von wenigen Entwicklern wirklich erfolgreich gemeistert wurde. Diese Kombination aus schwieriger Umsetzung und persönlichem Geschmack bedeutet einen Drahtseilakt für jeden, der es wagt, komisch sein zu wollen. Ich selbst freue mich über jeden Witz in einem Spiel und gehöre damit bestimmt zu einer Zielgruppe, die nur einen sehr kleinen Nischen-Markt ausmacht. Nicht so lustig, oder?
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