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In Your Face Friday - Spitze Stifte

karlstiefel 22.01.2016 19054 10
<div class="previewimage content"></div>Was darf's denn heute sein? Magische Schwerter und Elfen-Zauberer? Postapokalyptische Alien-Hacker? Oder doch lieber Vampir-Geheimgesellschaften, die unsere gegenwärtige Welt vom Untergrund aus kontrollieren? Was sich wie ein Schwenk durch eine gut sortierte Steam-Bibliothek liest ist ein Einblick in die Welt des Pen and Paper, dem Vorfahren der Rollenspiele und MMOs. Dort warten Abenteuer, Kreativität und Freundschaft auf die Spieler - und ein Einblick in eine andere Welt, bei der jeder Aspekt modifizierbar ist. Also holt die Würfel raus, haltet eure Charakterbögen bereit und hofft auf guten Loot, wir stürzen uns in unsere eigene Fantasie.

Jetzt wird es so richtig geekig - es geht um Pen and Paper. Das sind Gesellschaftsspiele wie Das Schwarze Auge, Dungeons and Dragons oder Shadowrun. Im Endeffekt handelt es sich dabei um eine Mischung aus Würfelpoker und Improvisationstheater. Dieses Rezept, den richtigen Leuten serviert, ist ein Spaß-Garant und eines der schönsten Hobbys, die ich, euer karlstiefel, jemals angefangen habe. Aber fangen wir von vorne an. Ganz von vorne.
Das Spielegenre hat seine Wurzeln in der Fantasy-Literatur, zu denen es schon sehr früh LARPs (Live Action Roll Playing Games) gab. Wie früh? Seit dem 16. Jahrhundert haben sich französische Adelige so ihre Wochenenden um die Ohren geschlagen. Sie haben ganze Schlossanlagen zu Märchenwäldern umgestaltet und dort dutzende Schauspieler angeheuert, die die Questgeber spielten. Da das ein bisschen aufwändig war, hat ein Typ namens Dave Arneson 1970 ein Zinnsoldaten-Spiel mit einem Regelwerk versehen und das Ganze Blackmoor genannt. Elemente wie Trefferpunkte oder ein Level-System sind noch heute allgegenwärtig. Während sich die Idee zum Tabletop-RPG mit dem bekanntesten Vertreter Warhammer weiterentwickelt hat, haben Arneson und sein Kumpel Gary Gygax die Figuren weggelassen und die Regeln ausgebaut. Mit wenig Erwartungen hat das kleine Team 1974 dann Dungeons and Dragons herausgebracht, quasi ein Fantasyroman zum selber spielen. Seither gab es fünf Editionen des Regelwerks, welches von rund 20 Millionen Abenteurern gespielt wurde. Das war nicht nur ein Erfolg für das Duo, ihre Ideen wurden stilprägend sowohl für andere P&P-Systeme als auch für die digitale Version davon. Weder World of Warcraft, noch Skyrim oder die Witcher-Serie würde es ohne das Pen and Paper geben. Ideen davon - das Level-System zum Beispeil - haben es sogar in Call of Duty geschafft.

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Zwerge, Trolle, Menschen, Orcs und Elfen - bei Shadowrun kriegt man die Fantasy-Figuren in einem Cyberpunk-Setting.

Was mir an Pen and Paper gefällt, ist, dass es so persönlich ist. Zwar gibt es eine Welt, in die man als Spielleiter oder Spieler geworfen wird - die Abenteuer darin sind aber nicht vorgeschrieben. Natürlich gibt es "fertige Abenteuer", die man nur noch nachspielen muss. Der Kreativität sind in Sachen Storytelling und Modifizieren der Regeln aber keine Grenzen gesetzt. Das in Kombination mit der mittlerweile reichhaltigen Auswahl an Welten gibt eine spielerische Freiheit, die ihresgleichen sucht. Das, was bei Computerspielen mit Mods bewirkt wird, haben die Pen and Paper-Spieler selbst in der Hand. Regeln und Szenarien sind komplett abänderbar, die eigene Fantasie ist die Obergrenze. Du möchtest ein ehemaliger Wrestler sein, der jetzt mit einer Panzerluke als Schild rumläuft und zum Superhelden wird? Geht klar. Wie wäre es mit einem Elfen, der als Hacker-Zauberer globale Konzerne infiltriert? Kein Problem. Ein Wehr-Bär, der als mittels Sprung in die Astral-Welt durch eine Mauer gleitet, nur um in einem Helikopter zu landen und sich in ein zwei Tonnen schweres Monster zu verwandeln? Hier ist dein Charakterbogen, du brauchst nur noch einen Namen.
Gutes Stichwort - Charakterbogen - wie funktioniert das Ganze jetzt eigentlich? Das kommt auf das System an. Im Endeffekt hat man gewisse Werte in unterschiedlichen Disziplinen wie "Diebstahl", "Überreden" oder "Mechanik" - je höher umso besser. Basierend darauf erhält man Würfel oder einen Bonus auf einen Wurf. Erfüllt man die Rahmenbedingungen, zum Beispiel mindestens zwei Würfe von 5 oder höher, hat man Erfolg. Schafft man das nicht, muss man sich etwas Anderes überlegen. Gelenkt wird das Ganze vom "Spielleiter", der quasi der Regisseur der Abenteuer ist. Als Leiter erzählt man die grundlegende Geschichte, spielt Gegner und Nicht-Spieler-Charaktere und gibt den Spielern Informationen. Diese können sich in der Spielwelt frei bewegen, wodurch sie den Verlauf der Geschichte selbst beeinflussen, lenken oder sogar umdrehen.

Extrem praktisch ist, dass man zum spielen eigentlich sehr wenig braucht: ein Regelwerk, ein paar Würfel, etwas zum mitschreiben und damit es nicht langweilig wird zumindest zwei Mitspieler. Es kommt noch günstiger besser: Als Anfänger muss man nicht gleich die Regelbuch-Katze im Sack kaufen, was immerhin zwischen 20 und 80 Euro kostet. Es gibt auch Schnellstart-Regeln (hier für Shadowrun inklussive fertiger Charaktere und Anfänger-Abenteuer), die den Einstieg in ein System einfach gestalten. Wer also Interesse an Pen and Paper hat, kann sich ja ein paar Leute schnappen und einen Abend spielen. Da ist auch für jeden etwas dabei - egal, ob Elfen und Zwerge im Mittelalter oder im Cyberpunk-Setting, Zombieapokalypse, Vampire oder Plüschtiere, die aus einem Spielzeuggeschäft entkommen wollen. Und wenn ihr kein Setting findet, das euch gefällt, bastelt ihr eben selbst eines. Willkommen in einer Welt, in der wahrlich spielerische Freiheit herrscht.

Die Titansgrave-Serie von Wil Wheaton gibt einen spannenden Einblick in eine Pen and Paper-Session.


Wie schaut es bei euch A4-Abenteurern aus? Habt ihr schon mal ein Pen and Paper gespielt oder sogar jetzt Lust darauf bekommen? Teilt eure legendärsten Geschichten mit uns!
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